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Darum verzichtet Ex-BVB-Star Mkhitaryan aufs Finale

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Es sollte ein absoluter Saison-, vielleicht sogar Karrierehöhepunkt sein. Stattdessen wird das Europa-League-Endspiel zum Finale der Schande – weil einer der Profis aus Angst um sein Leben nicht an den Austragungsort fahren will.

Heute steigt in Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans, das Finale der Europa League. Und Henrikh Mkhitaryan (30) von Arsenal London wird nicht mitspielen, weil er als Armenier um seine Sicherheit fürchtet.

Seine Mitspieler von Arsenal London wollten beim Aufwärmen vor dem Spiel gegen Chelsea London das Trikot von Mkhitaryan tragen – als solidarische Erinnerung daran, dass der Ex-BVB-Star wegen der politischen Lage im Final-Gastland nicht spielen kann. Jetzt verzichten sie doch auf die Aktion – aus Angst?

Einen Tag vor dem Finale kam der Verdacht auf, Arsenal-Fans, die in Baku mit dem Trikot Mkhitaryan herumlaufen, würden eingeschüchtert. So erklären Fans zumindest ein Video auf Twitter, auf dem zu sehen ist, wie die aserbaidschanische Polizei Mkhitaryan-Fans anhält. Berichten zufolge wurden sie erst Minuten später von der Polizei losgelassen – obwohl unklar war, warum sie überhaupt angesprochen wurden.

Mkhitaryan fans are feeling the long arm of the law in Baku ahead of the Europa League final…. 😁.#Mkhitaryan #Arsenal #EuropaLeague #Baku #Chelsea #aubameyang pic.twitter.com/a1CIuXOo9L

— sntv (@sntvstory) May 28, 2019

Hintergrund: Aserbaidschan und Mkhitaryans Heimat Armenien befinden sich seit Jahren in einem politischen Konflikt, beide streiten sich u.a. ums Grenzgebiet Bergkarabach. Eine Einreise wäre für Mkhitaryan daher zwar möglich, aber nicht unproblematisch. Britta Dassler, sportpolitische Sprecherin der FDP, meint mit Blick auf auf die Beweggründe des Armeniers zu BILD: „Es war eine Fehlentscheidung der UEFA, das Spiel dort austragen zu lassen.“

  • Kommentar

    Diese Uefa braucht kein Mensch

    Es sollte ein Glanzpunkt in Mkhitaryans Karriere sein. Stattdessen ist er Kronzeuge einer großen Uefa-Bankrotterklärung.

Ob Mkhitaryan wirklich gefährdet wäre – fraglich. Aserbaidschans Regierung und die Uefa sagen, es habe Sicherheitsgarantien für den Mittelfeldmann gegeben. Letztlich hat er sich, wie schon bei anderen Spielen in der Vergangenheit, dagegen entschieden, die Reise anzutreten. „Das ist sehr schade, hat aber wahrscheinlich große Berechtigung“, sagt der Abgeordnete und Südkaukausus-Experte im Bundestag, Albert Weiler (CDU), der selbst auch nicht nach Aserbaidschan einreisen kann.

Armenischer Soldat von aserischem Axt-Mörder enthauptet

Warum Armenier allgemein allen Grund haben, in Aserbaidschan um Leib und Leben zu fürchten, zeigt dieser Vorfall: 2004 hatte bei einem NATO-Lehrgang in Budapest (Thema des Lehrgangs: Partnerschaft für den Frieden) ein aserbaidschanischer Offizier einen armenischen Soldaten im Schlaf mit der Axt enthauptet.

Obwohl der Mörder in Ungarn zu 30 Jahren Haft verurteilt worden war, wurde er 2012 in seine Heimat überstellt, wo er nicht nur begnadigt, sondern auch als Volksheld gefeiert wurde. Der Verdacht: Aserbaidschan habe ihn von der Orbán-Regierung freigekauft – denn kurz nach der Freilassung des Mörders kaufte das ölreiche Land ungarische Staatsanleihen in zweistelliger Milliardenhöhe.

  • Aus Sicherheitsgründen!

    Mkhitaryan verzichtet auf Europa-League-Finale

    Arsenal muss im Europa-League-Finale gegen Chelsea auf Ex-BVB-Star Henrikh Mkhitaryan verzichten – aus Sicherheitsgründen!

  • Europa-League-Finale

    Baku ist eine Mischung aus Paris, Dubai und Moskau

    Ein hochmodernes Stadion und eine Altstadt, die zum Unesco-Welterbe gehört: Baku ist eine weltoffene Stadt der Widersprüche.

Armenien kontrolliert seit einem Krieg in den 1990ern die mehrheitlich von Armeniern bewohnte Region Bergkarabach, die vor 21 Jahren ihre Unabhängigkeit erklärt hatte.

Aserbaidschan beansprucht die Region weiter für sich – und Präsident Alijew nutzt den Konflikt gerne, um von innenpolitischen Problemen abzulenken, nennt Armenien ein „altes türkisches und aserbaidschanisches Gebiet“.

Nähe zur Türkei, zu Russland und zum Iran

Zu den drei großen Mächten der Region – Russland, Iran und der Türkei – pflegt Alijew gute Beziehungen. Aserbaidschan ist kulturell mit der Türkei verwandt: Die aserbaidschanische Sprache, die bis zum Ende der Sowjetunion kyrillisch geschrieben wurde, ist der türkischen Sprache sehr ähnlich. Allerdings leben in der gleichnamigen Provinz Aserbaidschan im Nordosten des Iran mehr Aserbaidschaner (12 bis 15 Millionen) als im Staat Aserbaidschan selbst (9,6 Millionen).

2018 gewann Alijew seine Wiederwahl in bester Diktatoren-Manier mit 86 Prozent der Wahlstimmen, wobei die OSZE-Beobachter „zahlreiche schwerwiegende Unregelmäßigkeiten“ feststellten. Seine Frau Mehriban ist seit 2017 Vize-Präsidentin des Landes – ein Amt, das eigens für sie geschaffen wurde.

Das ist Aserbaidschans Diktator

Die schiitisch-islamisch geprägte, aber durch den Sozialismus säkularisierte Ex-Sowjetrepublik ist durch ihre Öl- und Gasvorräte extrem reich und wird von Präsident Ilham Alijew, der das Amt 2003 von seinem Vater übernahm, mit harter Hand regiert.

Das Land ist berüchtigt für Menschenrechtsverletzungen, die Unterdrückung der Opposition und die Gängelung der Medien. Im Pressefreiheitsranking von „Reporter ohne Grenzen“ belegt das Land Platz 166 von 180 aufgeführten Staaten.

Zu den Prestige-Projekten Alijews gehören Großbauten wie das Nationalstadion, in dem das Europa-League-Finale stattfindet, und der 2010 aufgestellte größte Fahnenmast der Welt von 162 Metern Höhe auf dem Platz der Staatsflagge in Baku, der im Guiness-Buch der Rekorde seitdem von Tadschikistan und Saudi-Arabien überholt wurde.

Außerdem ließ Alijew in Baku die größte Moschee der gesamten Kaukasus-Region errichten, die er nach seinem Vater Heydar benannte. Sie wird von 90 Meter hohen Minaretten geschmückt.

Schon einmal lief ein internationales Groß-Event in seinem Land nicht reibungslos ab: Beim Eurovision-Finale 2012 wurden nur wenige Stunden vor dem Wettbewerb 60 Freiheits-Demonstranten festgenommen. Im Vorfeld wurden Anwohner enteignet, um Platz für den Glitzer-Wettbewerb zu schaffen.

Auch für deutsche Abgeordnete ist Baku riskant

Nicht nur Armenier haben Angst, nach Aserbaidschan einzureisen, sondern sogar deutsche Bundestagsabgeordnete!

Albert Weiler (53, CDU) musste im vergangenen Jahr bei der Kaukasus-Reise von Kanzlerin Merkel auf die Station Baku verzichten, weil ihm signalisiert wurde, dass er am Flughafen verhaftet werden würde. Der Grund: Ein vorheriger Besuch in Bergkarabach.

Auch in der vergangenen Woche bekam Weiler keine Einreisegenehmigung für Aserbaidschan bei einer Reise der Parlamentariergruppe Südkaukasus, deren Vize-Vorsitzender er ist. Zu BILD sagt er dazu: „Aggression und Feindseligkeit kann nicht dauerhaft zum Frieden vor Ort führen. Ich werde weiterhin mit Nachdruck daran arbeiten, gerne auch bei einem Besuch in Aserbaidschan, aber nicht mit der Option, hinter Gittern zu landen.“

Steinmeier schickte vorgestern Glückwunsch-Telegramm zum Nationalfeiertag

Und dennoch: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gratulierte erst vor zwei Tagen Aserbaidschan zum Tag der Republik, wie die aserbaidschanische Nachrichtenagentur Azertac meldete. „Aserbaidschan und Deutschland können auf 27 Jahre lebendige und vertrauensvolle diplomatische Beziehungen zurückblicken“, schrieb Steinmeier in sein Glückwunsch-Telegramm. Im vergangenen Jahr eröffnete Deutschland dort ein Goethe-Zentrum.

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