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Die Liebe der Fans erkaltet: War’s das für Uli Hoeneß beim FC Bayern?

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“Der FC Bayern ist keine One-Man-Show.”

Von Stefan Giannakoulis


Die Mannschaft hinkt in der Fußball-Bundesliga hinterher. Aber das ist nicht das einzige Problem. Auf der Versammlung des FC Bayern buhen einige Mitglieder Uli Hoeneß aus. Sie schämen sich für den Präsidenten. Er ist nicht mehr unantastbar.

Beim FC Bayern München herrscht Demokratie. Die Fußball-Abteilung ist zwar seit 2002 in eine Aktiengesellschaft ausgegliedert, aber lädt der eingetragene Verein als Mehrheitseigner zur jährlichen Versammlung, darf jeder sagen, was er will. Das führt bisweilen zu skurrilen Szenen am Rednerpult und gipfelt regelmäßig in der Forderung nach Freibier für alle. Insgesamt glichen diese Treffen harmonischen Familientreffen. Es handelte sich um die Art von Veranstaltung, die Uli Hoeneß mag. Als er 2016 aus dem Gefängnis kam, feierten ihn mehr als 7000 Mitglieder und wählten ihn wieder zum Präsidenten des Klubs. Bevor er wegen seines Steuerbetrugs in den Knast musste, hatte er im Mai 2014 der Menge zugerufen: "Das war's noch nicht."

"Nicht mein Präsident".

In einem Interview mit der Basketballabteilung des Vereins hatte er vor einigen Tagen noch gesagt: "Dann stehen da 3000 Menschen auf und klatschen minutenlang. Das hat mich umgehauen." Diese "Liebe der Fans" sei der Grund gewesen, "dass ich gesagt habe, das war es noch nicht". Nach der Jahreshauptversammlung an diesem Freitag aber drängt sich die Frage auf: War's das für Hoeneß beim FC Bayern? Zunächst war alles wie immer vor den 1700 Mitgliedern in der dieses Mal eher spärlich besetzten Halle. Sportlich läuft es zwar nicht so, aber: Rekordumsatz der FC Bayern München AG, immense Einnahmen, mehr als 450 Millionen Euro Eigenkapital. Und doch war es nicht so harmonisch wie in den vergangenen Jahren, der Wind dreht sich und bläst dem Klubpräsidenten ins Gesicht.

Wann hatte es das schon einmal gegeben? Einige Mitglieder pfiffen und buhten Uli Hoeneß aus, im Audi Dome hing eine nordkoreanische Flagge mit der Aufschrift: "Not my president". Wer weiß, wie sie in München bisweilen mit ihren Kritikern umgehen, der wird die Courage von Johannes Bachmayr schätzen. Der ist Klubmitglied und mutiger Kritiker zugleich. Wer früher etwas gegen Hoeneß sagte, den buhten die anderen nieder. Bachmayr aber bekam Applaus. Der junge Mann wagte sich ans Mikrofon, weil er sich als Fan des FC Bayern für Hoeneß schämt.

"Der FC Bayern ist keine One-Man-Show"

Er kritisierte den Präsidenten und Aufsichtsratsvorsitzenden dafür, dass er sich ins operative Geschäft einmischt. Er kritisierte Hoeneß, weil der gegen Spieler wie Juan Bernat nachtrat. Er kritisierte ihn, weil er völlig unsouverän die Medien beschimpft hatte. Und er kritisierte ihn dafür, dass er Paul Breitner von der Ehrentribüne des Stadions verbannen ließ, nur weil der als ehemaliger Spieler Hoeneß wegen der peinlichen Journalistenschelte gerügt hatte. Bachmayrs Vortrag endete mit dem Satz: "Der FC Bayern ist keine One-Man-Show." Hoeneß aber verweigerte die Diskussion. Hinterher gab er sich getroffen und war es wohl auch.

Vielleicht hatte er sogar in Teilen Recht, als er nach der Versammlung sagte: "Wenn Bayern München nicht Tabellenführer ist, gibt es natürlich eine gewisse Grundunzufriedenheit, das hat man heute gespürt. Daran wollen wir uns nicht gewöhnen und in Zukunft wieder erfolgreicheren Fußball spielen, dann werden die Jahreshauptversammlungen auch wieder entspannter." Die Münchner hinken zwar in der Bundesliga seit Wochen der Spitze hinterher und freuen sich, wie an diesem Samstag in Bremen, mittlerweile auch über einen glanzlosen Sieg.

Aber man stelle sich nur vor, sie zögen am Ende doch noch an der Dortmunder Borussia vorbei und gewönnen die Meisterschaft, zum siebten Mal hintereinander. Man stelle sich vor, sie würden gar in der Champions League reüssieren. Wahrscheinlich ist das nicht. Aber der FC Bayern wäre nicht der erste Verein, bei dem Erfolge alles anderes überdecken.

Ob sich der Verein nun aufmacht und sich von dem Mann emanzipiert, der den Klub maßgeblich so groß gemacht hat, wie er nun ist, muss sich erst zeigen. Der FC Bayern ist mit 291.000 Mitgliedern der größte Sportklub der Welt, nur ein Bruchteil war am Freitag dabei. Und davon haben nur einige protestiert. Das aber unüberhörbar, und das ist neu. Die Versammlung war ein erster Fingerzeig. Uli Hoeneß, der im nächsten Jahr noch einmal wiedergewählt werden will, wird das anders sehen. Aber es ist doch so: Die Münchner sollten froh sein, auch solche Fans zu haben. Und die wiederum hätten einen Präsidenten verdient, für den sie sich nicht schämen müssen.

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