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EVP suspendiertOrbans Partei

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Dramatischer AKK-Appell in letzter Sekunde

Quelle: Reuters
1:14 Min.

Die Europäische Volkspartei (EVP) hat die Suspendierung der ungarischen Regierungspartei Fidesz auf Zeit beschlossen. Das entschied der Vorstand der konservativen Parteienfamilie am Mittwoch in Brüssel.

▶︎ Damit zieht sie kurz vor der EU-Wahl Ende Mai Konsequenzen aus anti-europäischen Umtrieben von Orbans Fidesz-Partei.

▶︎ Der ungarische Ministerpräsident und Vorsitzende der Fidesz-Partei Viktor Orban stimmte der Suspendierung zu. Das Abstimmungsergebnis (190 zu drei Stimmen) deutet darauf hin, dass auch die Mehrheit seiner Partei zugestimmt hat.

„Die EVP hat eine gute Entscheidung getroffen, weil sie die Einheit bewahrt hat“, sagte Orban am Mittwochabend in Brüssel.

Eine Experten-Kommission unter der Führung des ehemaligen EU-Ratschefs Herman Van Rompuy (mit Ex-EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering und Österreichs Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel) soll nun entscheiden, wann und ob die Mitgliedsrechte der Partei des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban wieder in Kraft gesetzt werden, wie EVP-Chef Joseph Daul auf Twitter mitteilte.

#Fidesz will be suspended with immediate effect and until further notice following today’s vote of EPP members (190 in favour, 3 against). The suspension entails:
▪No attendance at any party meeting
▪No voting rights
▪No right to propose candidates for posts

— Joseph Daul (@JosephDaul) March 20, 2019

Ein Austritt von Orbans Partei scheint damit zunächst abgewendet.

▶︎ Die Entscheidung ist nicht der von manchen bereits befürchtete Eklat, sondern zeigt viel mehr, dass Orban sich entscheiden hat, ein Stückweit einzulenken. Ob Orban überreizt hat und zu Hause nun Ansehen verliert, muss die Zukunft zeigen.

▶︎ Manfred Webers Vorschlag wurde mit kleinen Änderungen angenommen und der Bruch konnte durch ein geschicktes Manöver in allerletzter Sekunde verhindert werden. Der EVP-Abgeordnete Peter Liese (CDU) nannte das Vorgehen „ein Meisterstück“, denn es habe den Beweis erbracht, dass in der EVP „Werte und Menschenrechte an oberster Stelle stehen“.

Weber betonte am Abend, der Ausschluss bleibe „als Option auf dem Tisch“. Es werde viel Zeit nötig sein, um wieder Vertrauen zwischen der EVP und Fidesz aufzubauen.

▶︎ Ein Erfolg auch für Annegret Kramp-Karrenbauer: Für die EVP ist das Thema, das ihren Wahlkampf bislang überschattet und es den Gegnern in Sachen Angriffsfläche leicht gemacht hat, nun vom Tisch.

Die CDU-Chefin begrüßte die vorläufige Suspendierung: „Dieses Einfrieren der Mitgliedschaft gibt Fidesz die Chance, die nach wie vor bestehenden Zweifel, ob die Partei das Verständnis für die gemeinsamen Werte der EVP teilt und auf dieser Grundlage eine zukünftige vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich ist, vollkommen auszuräumen.“

Heftiges Ringen zwischen Orban und AKK

Kramp-Karrenbauer appellierte zuvor im Ringen um eine Suspendierung der Fidesz-Mitgliedschaft in der Europäischen Volkspartei eindringlich an Viktor Orban, auf den Vorschlag der EVP-Spitze einzugehen.

„Der Vorschlag ist eine Brücke, um verloren gegangenes Vertrauen wieder aufzubauen“, sagte Kramp-Karrenbauer in Brüssel. Es sei kein Vorschlag, mit dem Fidesz aus der EVP ausgeschlossen werden solle. Vielmehr müsste die Partei Orbans Vertrauen wieder aufbauen.

Und weiter: Es gehe um die Werte der EVP.

Kramp-Karrenbauer habe in einer emotionalen Rede direkt auf Orban geantwortet, hieß es weiter. Orban hatte nach diesen Informationen erklärt, er könne den Vorschlag der EVP-Spitze so, wie er auf dem Tisch liege, nicht akzeptieren.

Demnach habe er davon gesprochen, dass er dies höchstens einen Mechanismus anerkennen könne, wie er im Jahr 2000 bei der österreichischen ÖVP angewandt worden sei.

Ringen um Kompromiss mit #Orban: Joseph Daul, der französische Vorsitzende der EVP (und langjährige Verteidiger Orbans) drohte im Verlauf der Krisensitzung nach Angaben von Teilnehmern offenbar mit Rücktritt @BILD @BILD_Politik

— Albert Link (@LinkAlbert) March 20, 2019

Viktor #Orban verteidigt sich vor EVP-Kollegen: 75 Prozent der Ungarn unterstützen die EU, das sei der Verdienst seiner Fidesz-Partei… @BILD_Politik

— Albert Link (@LinkAlbert) March 20, 2019

  • Zoff mit EU-Schwesterparteien

    Orban-Partei soll Stimmrecht entzogen werden

    Zoff-Sitzung in Brüssel: Nach BILD-Informationen droht der Orban-Partei „Fidesz“eine Art Aussetzung der Rechte als EVP-Mitglied.

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    BILD exklusiv: Kriegt der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban (55) doch noch eine allerletzte Chance im Kreis der EVP?

Der Eklat schien fast unausweichlich

Ein Rauswurf der rechtsnationalen Partei Fidesz von Viktor Orban aus der Europäischen Volkspartei oder dessen Rückzug wurde zuletzt immer wahrscheinlicher.

▶︎ Kurz vor der entscheidenden Abstimmung in der konservativen Parteienfamilie machte sich auch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer dafür stark, die Mitgliedschaft auszusetzen.

▶︎ Allerdings war mehr als fraglich, ob Viktor Orban sich auf eine Suspendierung einlässt. Stattdessen kursierte das Gerücht er könnte er die konservative Parteienfamilie, zu der auch CDU und CSU gehören, von sich aus verlassen.

Der „Bad Boy“ der EU

Kritiker werfen Orban unter anderem vor, in Ungarn seit Jahren Demokratie und Rechtsstaat auszuhöhlen, kritische Medien zum Schweigen zu bringen und die Opposition durch Repressalien wie willkürliche Geldstrafen zu schwächen.

Orban will keine Migration und weicht so von der EU-Asyl- und Flüchtlingspolitik ab. Außerdem geriet er zuletzt mit seiner Anti-Brüssel-Kampagne in die Kritik.

▶︎ CDU wollte Bestrafung: „Ein satzungsgemäßes Einfrieren der Mitgliedschaft und der damit verbundenen Rechte, wie von (EVP-Spitzenkandidat) Manfred Weber angedacht, wäre ein gangbarer Weg“, sagte Kramp-Karrenbauer.

Die CDU ist die größte EVP-Mitgliedpartei und hat bei der Abstimmung deshalb besonderes Gewicht. Die Schwesterpartei CSU wollte diese Linie ebenso vertreten. Weber ist stellvertretender CSU-Chef und tritt als EVP-Spitzenkandidat bei der Europawahl Ende Mai an.

Aus Unionskreisen hieß es zudem, dass ein sogenannter Weisenrat die Entwicklungen des Fidesz beobachten und vor Wiederaufnahme der Mitgliedschaft bewerten könnte.

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  • Wegen Online-Werbung

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Orbans Kampagne gegen Juncker

Kramp-Karrenbauer sagte, Orban habe seine inakzeptable Kampagne gegen EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker beendet bei anderen EVP-Parteien um Entschuldigung gebeten, die jedoch nicht von allen akzeptiert worden sei.

▶︎ Die Arbeitsbedingungen der Central European University in Budapest seien jedoch noch nicht im notwendigen Maße wiederhergestellt. Die CEU war im Dezember unter Druck der ungarischen Regierung nach 26 Jahren in Budapest nach Wien umgezogen.

Die regierungsnahe Budapester Tageszeitung „Magyar Nemzet“ zitierte am Mittwoch eine Stimme aus Regierungskreisen, nach der eine befristete Suspendierung für Orban wohl nicht hinnehmbar sei: „Dies wäre die Vorstufe zu einem Ausschluss und es wäre inakzeptabel.“

Später legte das Blatt nach: „Möge dies der letzte Aufzug dieses Schauerdramas sein. Die Zeit ist abgelaufen, es gibt nichts auszuhandeln. Wir bitten Viktor Orban und die Regierungspartei, dass sie im Bewusstsein ihrer historischen Verantwortung mit der EVP brechen.“

Auch AfD-Chef Jörg Meuthen positionierte sich ähnlich: „Ungarns Regierungschef Viktor Orban und seine Fidesz-Partei passen schon lange nicht mehr in die EVP.“ Mit ihren „klaren und zukunftsweisenden politischen Positionen“, insbesondere in Fragen wie der Einwanderung, passe der Fidesz besser in eine Parteienfamilie mit der AfD.

Zuletzt hatten 13 EVP-Parteien den Ausschluss oder die zeitweise Suspendierung des Fidesz gefordert. Vorangegangen war eine Plakatkampagne der ungarischen Regierung, die sich gegen den von der EVP gestellten EU-Kommissionschef Juncker richtete. Auf dem Bild ist Juncker gemeinsam mit dem US-Milliardär George Soros in unvorteilhafter Pose zu sehen.

Beide werden zudem mit falschen Behauptungen zur EU-Migrationspolitik diffamiert. Später legte Orban nach und beschimpfte seine EVP-internen Kritiker als „nützliche Idioten“, die das Geschäft der Linken und Liberalen betrieben. Dafür bat er mittlerweile um Entschuldigung, zudem ließ er die Plakate in Ungarn abhängen.

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