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Macron verteilt Geld!

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Präsident verspricht u.a. Mindestlohn-Anhebung und eine steuerfreie Jahresend-Prämie

Quelle: Reuters
0:51 Min.

Vierzehn Tage vor Heiligabend verteilt Frankreichs Präsident die ersten Geschenke an seine Bürger.

Am Montagabend hielt Macron die lang erwartete Ansprache an die Nation als Reaktion auf die seit vier Wochen andauernden Proteste der „Gelbwesten“. Dabei kündigte er großzügige Sofortmaßnahmen an, um die Stimmung im Land zu besänftigen, indem er die Kaufkraft vieler Bürger verbessert.

Macron gab sich sichtlich Mühe, empathisch zu wirken. Minutenlang sprach er in der vorab aufgenommenen Ansprache von Bürgern, die es schwer hätten, am Monatsende zurecht zu kommen, die das Gefühl hätten, vergessen geworden zu sein. Er übernehme einen Teil der Verantwortung für „die Wut, die Entrüstung“ und „40 Jahre Unwohlsein“ im Land, die er nicht vergesse. Einige der Forderungen der „Gelbwesten“ seien legitim gewesen, sagte der Präsident, er fühle die Wut sogar zum Teil mit und rufe den „sozialen und wirtschaftlichen Notstand“ aus.

Mindestlohn steigt 2019 um 100 Euro pro Monat

Schließlich kam er zum Punkt: Ab sofort mehr Geld in der Tasche für viele Wähler. Der Mindestlohn soll 2019 um 100 Euro pro Monat steigen, „ohne, dass es den Arbeitgebern auch nur einen Euro mehr kosten wird“. Überstunden sollen steuerfrei ausgezahlt werden. Eine geplante Steuererhöhung für Rentner, die weniger als 2000 Euro pro Monat beziehen, werde zurückgenommen. Und: Es wird eine steuerfreie Jahresend-Prämie für alle Beschäftigten geben.

Die Maßnahmen betreffen nach Angaben des Fernsehsenders TF1 rund zwei Millionen Haushalte in Frankreich.

Was es nicht geben wird: Eine Wiederanhebung der Vermögenssteuer, die Macron reformiert – und deutlich gesenkt – hatte.

Die Anhebung des Mindestlohns war eine Kernforderung der „Gelbwesten“. Es ist aber bereits absehbar, dass die Zugeständnisse Macrons und seiner Mitte-Regierung nicht ausreichen werden, um den Flächenbrand im Land zu löschen.

So kritisierte der Chef der Linkspopulisten von „La France inoumise“, Jean-Luc Mélenchon, umgehend, dass viele Bürger von diesen Maßnahmen gar nicht berührt werden, darunter die Arbeitslosen, die Beamten und die Schüler. Neue Proteste an diesem Samstag sind zu erwarten.

Weitere „Gelbwesten“-Blockaden im ganzen Land

▶︎ Unterdessen gab es am Montag weiterhin Proteste und Blockaden der Gelbwesten im ganzen Land. In etwa 120 Schulen landesweit war der Unterricht gestört.

▶ ︎Seit dem 17. November wurden in Frankreich mindestens 250 Radarfallen zerstört, berichtete der Radiosender „Europe 1“. Das sind etwa die Hälfte aller Radarfallen im ganzen Land.

▶︎ Am Sonntag heiratete ein Pärchen symbolisch, das sich bei den Gelbwesten-Protesten kennengelernt hatte. Ort der „Trauung“ die Autobahn-Zahlstation von Tarbes-Est im Süden des Landes.

A Tarbes, au barrage filtrant de Séméac, ce samedi a été célébré l'union d'un nouveau couple sous les applaudissement de plus de 200 Gilets jaunes.
Nous souhaitons à ces jeunes mariés tout le bonheur mérité et les félicitons de leur engagement avec les Amis Gilets Jaunes 65. pic.twitter.com/E3GKbUs3j0

— Jacques COMTE (@comte00371427) December 9, 2018

▶︎ Das Pariser Kaufhaus „Printemps“ meldet einen Umsatzeinbruch von 30 Prozent seit Beginn der „Gelbwesten“-Proteste. Am vorigen Samstag war die Hauptfiliale in Paris ganz geschlossen blieben. Auch in den Filialen in der Provinz gingen die Umsätze um 25 bis 30 Prozent zurück. Am vergangenen Samstag meldete der Verband der Einkaufszentren 18 weniger Besucher als sonst.

▶︎ Wirtschaftsminister Bruno Le Maire geht für das vierte Quartal 2018 (September bis Dezember) von einem um 0,1 Prozent geringerem Wachstum wegen der „Gelbwesten“-Proteste aus, die französische Nationalbank rechnet sogar mit einem halbierten Wachstum von 0,2 Prozent.

Macron in der Klemme

In den vergangenen Wochen stand ganz Frankreich und vor allem Paris im Bann der „Gelbwesten“-Demonstrationen mit teils schweren Ausschreitungen. Fenster wurden eingeschlagen, Autos angezündet und Geschäfte geplündert.

Allein am vergangenen Wochenende gab es fast 2000 vorläufige Festnahmen, davon knapp 1100 in Paris; in mehr als 1700 Fällen wurde anschließend eine längere Ingewahrsamnahme angeordnet.

Trotz der Ausschreitungen haben die „Gelbwesten“ noch immer viel Unterstützung unter den Wählern, während die Beliebtheitswerte für Macron laut jüngsten Umfragen bei gerade einmal 23 Prozent liegen. Der Vorwurf gegen den Präsidenten: Er interessiere sich nicht für die Probleme der einfachen Bevölkerung. Dagegen stehen 66 Prozent Zustimmung für die die „Gelbwesten“, auch wenn sie inzwischen leicht sinkt.

Auslöser der Proteste war zunächst eine geplante Dieselsteuer sowie die hohen Lebenshaltungskosten. Die „Gelbwesten“, benannt nach den von ihnen getragenen Sicherheitswesten, gelten als parteiunabhängig. Jedoch haben einige Gewerkschaften ihr Anliegen in den letzten Wochen aufgegriffen und unterstützt.

Bereits vorige Woche hatte es Gespräche mit Vertretern der Demonstranten gegeben. Danach wurde bekanntgegeben, man wolle die Diesel-Steuer nicht verabschieden.

Das scheint die Franzosen noch nicht besänftigt zu haben. Am Sonntag gingen erneut 136 000 Menschen landesweit auf die Straße.

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