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May will jetzt doch mit der EU neu verhandeln

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Parlament in London stimmt für Neuverhandlung der Nordirland-Notlösung + EU-Ratspräsident Tusk: Scheidungs-Deal nicht mehr verhandelbar, nur Datum des Austritts

Quelle: Reuters
1:12 Min.

Brexit, Backstop, Brüssel – das Briten-Chaos scheint perfekt. Die Lage: kompliziert, unübersichtlich, verfahren. Und eine Lösung? Nicht in Sicht …

Die neue Idee aus London: Jetzt wollen die Briten das Brexit-Abkommen mit der EU neu aufschnüren – obwohl Brüssel seit Tagen davor gewarnt hatte und wieder bekräftigte, es gäbe keine Nachverhandlungen am zwei Jahre lang geschürten Vertrag.

317 Abgeordnete stimmten am Dienstagabend in London dafür, die sogenannte
Backstop-Regelung für Nordirland in dem Abkommen zu ersetzen, 301 Parlamentarier wandten sich dagegen. Mit diesem sogenannten Brady-Antrag stützt das Unterhaus die Strategie von Premierministerin Theresa May, die vorab angekündigt hatte, das Brexit-Abkommen mit der EU noch einmal aufzuschnüren.

Außerdem stimmten die Abgeordneten für einen Antrag, wonach das Parlament mehrheitlich einen No-Deal-Brexit am 29. März ablehnt. Der Antrag ist zwar nicht bindend, stärkt May aber in den Neuverhandlungen. Die Gefahr eines ungeordneten Brexits am 29. März mit dramatischen Folgen für die Wirtschaft, Millionen Bürger und Irland besteht damit weiterhin.

Aus ihrem Plan B (der sich kaum vom vor zwei Wochen abgeschmetterten Plan A unterschied) wird nun also – wenn Brüssel mitmacht – Plan C. Auch Oppositions-Führer Jeremy Corbyn zeigte sich jetzt bereit, sich mit der Premierministerin zu treffen. Noch am Nachmittag hatte May ihm vorgeworfen: Er spreche „mit der Hamas, der Hisbollah und der IRA ohne Vorbedingungen, nur nicht mit mir“.

May zuversichtlich: geregelter Brexit jetzt machbar

▶︎ May versprach, das Brexit-Abkommen mit der EU wieder „substanziell“ aufzuschnüren, und zwar „nicht nur durch einen Briefaustausch“. Nach der Abstimmung sagte sie: „Es ist jetzt klar, dass es einen Weg zu einer tragfähigen und nachhaltigen Mehrheit dafür gibt, die EU mit einem Deal zu verlassen.“ Ob sie damit in Brüssel Erfolg haben wird, gilt aber als zweifelhaft, und das weiß sie auch: Die EU habe nur „begrenzten Appetit“ auf neue Verhandlungen, sagte sie im Parlament.

Die Brexit-Hardliner aus der eigenen Partei aber setzen sie unter Druck: „Ich hoffe, dass unsere Freunde in Brüssel zuhören und eine Veränderung vornehmen“, sagte der frühere britische Außenminister Boris Johnson.

▶︎ Das Problem: Die EU lehnt Veränderungen am Brexit-Deal ab, wie ein Sprecher von EU-Ratspräsident Donald Tusk am Dienstagabend in Brüssel mitteilte. Das Abkommen war Mitte Januar vom Unterhaus mit überwältigender Mehrheit abgelehnt worden.

ABER: Europa zeigt sich offen für eine Verschiebung des Brexit-Datums.

„Sollte es einen begründeten Antrag für eine Verlängerung geben, wären die EU27 bereit, ihn in Erwägung zu ziehen und darüber einstimmig zu entscheiden“, ließ EU-Ratspräsident Donald Tusk am Dienstagabend über einen Sprecher erklären. Bei der Frage, wie lange die Frist verlängert würde, werde die EU „das Funktionieren der EU-Institutionen einbeziehen“.

Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erteilte Neuverhandlungen eine Absage. Frankreich werde jetzt die Vorbereitungen auf einen ungeordneten EU-Austritt Großbritanniens vorantreiben. Ähnlich äußerte sich der belgische Liberale Guy Verhofstadt: Im Europa-Parlament gebe es keine Mehrheit für Neuverhandlungen.

Klartext: Die Gespräche stecken in der Sackgasse! Das Briten-Parlament will den ausgehandelten Deal nicht, die EU keine Änderungen.

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Worum geht es bei diesem „Backstop?“

Der sogenannte Backstop ist einer der Knackpunkte im Austrittsvertrag zwischen Großbritannien und Brüssel. Im Kern geht es dabei um die Frage, wie an der künftigen Außengrenze der EU zwischen der britischen Provinz Nordirland und dem EU-Mitglied Irland Warenkontrollen verhindert werden können.

Die Regelung sieht vor, dass Großbritannien so lange in der Zollunion mit der EU bleibt, bis eine andere Lösung gefunden ist. Außerdem sollen in Nordirland weiter einige Binnenmarktregeln gelten. Kritiker fürchten, diese Klausel könne Großbritannien dauerhaft an die Europäische Union binden. Die nordirische DUP, von der Mays Minderheitsregierung abhängt, lehnt jeglichen Sonderstatus für Nordirland ab. May will daher mit Brüssel nachverhandeln.

Trotzdem: Nun ist die EU am Zug, weil May wohl tatsächlich bei Änderung des Vertrags die Ratifizierung garantieren könnte. Denn die Alternative „No Deal“ brächte das EU-Mitglied Irland in eine extrem schwierige Lage. „Man bekommt eine harte Grenze“, sagte EU-Kommissionssprecher Margaritis Schinas vor einigen Tagen – also genau das, was der Backstop verhindern soll. Nach Protest der irischen Regierung ruderte Schinas etwas zurück.

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