Politik

Merkel setzt May unter Druck

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Brexit-Verschiebung nur, wenn London dem Deal mit der EU zustimmt

Quelle: Reuters
1:27 Min.

Wie geht es weiter mit dem Brexit? DAS soll sich heute eigentlich beim EU-Gipfel entscheiden. Doch eine Lösung ist – acht Tage vor dem offiziellen Austrittsdatum – noch nicht in Sicht…

Im Bundestag hat Kanzlerin Angela Merkel (64, CDU) nun vor einer schmutzigen Scheidungsschlacht gewarnt und gleichzeitig den Druck auf London erhöht.

Über eine kurzfristige Brexit-Verlängerung könne man reden, sagte Merkel am Donnerstagmorgen: „Wir können dieser Bitte nachkommen, jedenfalls aus deutscher Sicht.“

ABER: Dafür müsse das von der britischen Premierministerin Theresa May (62) mit der EU ausgehandelte Abkommen im Londoner Parlament durchgehen. Merkel dringt auf einen geregelten Brexit, will ein Chaos unbedingt verhindern. „Das ist auch im deutschen Interesse.“

Die Kanzlerin sagte aber auch: „So sehr wir auf eine geordnete Lösung hinarbeiten, so sehr bereiten wir uns seit Wochen und Monaten darauf vor, dass es einen ungeordneten Austritt geben kann.“

Auf europäischer Ebene seien Maßnahmen getroffen worden, dass Flug- und Güterverkehr zwischen der EU und Großbritannien weiter geht, Erasmus-Studenten nicht ihre Studienplätze verlassen müssen und dass britische Bürger in den EU-27 von einer Visapflicht befreit sind.

Die Tür für eine enge Zusammenarbeit stehe „von unserer Seite weit offen“, vor allem in den Bereichen Außen- und Sicherheitspolitik, Innere Sicherheit, Wissenschaft und Forschung, betonte Merkel. Dafür gab es Applaus von den Abgeordneten.

► Merkel: „Wir werden uns bis zum letzten Tag, bis zur letzten Stunde dafür einsetzen“, dass es eine „geordnete, gemeinsame Lösung“ gebe.

Jetzt geht’s weiter nach Brüssel

Nach ihrer Erklärung geht’s für die Kanzlerin weiter nach Brüssel, zum Frühjahrs-Gipfel der EU. Eigentlich sollte Großbritannien bei diesem Treffen das letzte Mal dabei sein, das Austrittsabkommen besiegelt werden. Stattdessen droht jedoch ein fieser Scheidungskrieg…

Hintergrund: Am Mittwoch hatte Premierministerin May bei der EU zähneknirschend um einen Aufschub des Brexits bis Ende Juni gebeten. Eigentlich sollte das Königreich am 29. März aus der EU austreten. Doch der von May ausgehandelte Deal fiel im Londoner Parlament zweimal krachend durch. Die politischen Lager sind verfeindet.

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Bundesregierung sieht Antrag positiv

Die Bundesregierung reagierte positiv auf den Antrag Mays. Es sei gut, „dass es jetzt einen klaren Antrag Großbritanniens gibt“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. „Das ist die Grundlage, auf der die EU 27 Donnerstag und Freitag reagieren können.“

ABER: Zu klären sei, ob Großbritannien bei einer solchen Verschiebung an der Europawahl Ende Mai teilnehmen muss. May will das um alles in der Welt verhindern. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker machte allerdings bereits deutlich, dass Großbritannien bis zur Europawahl am 23. Mai austreten muss, wenn es nicht daran teilnehmen möchte.

May kämpft weiter

May kämpft unterdessen weiter. Sie will ihren Brexit-Vertrag erneut zur Abstimmung stellen. Das schrieb sie in ihrem Brief an EU-Ratspräsident Donald Tusk. Sollte das Parlament diesmal Ja sagen, dann werde der Vertrag sicher auch ratifiziert, zeigte sie sich sicher.

Wie das rechtlich gehen soll, ist allerdings unklar. Der Parlamentspräsident John Bercow hatte ihr bereits Anfang der Woche einen dicken Strich durch diese Rechnung gemacht: Laut einer Regel von 1604 sei es verboten, im Unterhaus mehrmals über den gleichen Antrag abstimmen zu lassen.

In einer Fernsehansprache am Mittwochabend sagte die Premierministerin: „Ich hoffe leidenschaftlich, dass die Abgeordneten einen Weg finden, um das Abkommen zu unterstützen, das ich mit der EU ausgehandelt habe.“

Weiter versicherte sie den britischen Bürgern: „Sie wollen, dass diese Stufe des Brexit-Prozesses vorüber und fertig ist. Ich stimme zu. Ich bin auf Ihrer Seite.“ Ihre Bitte um einen Aufschub bis zum 30. Juni habe sie mit „tiefem Bedauern“ vorgebracht.

▶︎ Doch dass sie eine Mehrheit bekommt, ist nach wie vor höchst unwahrscheinlich. Die Zeichen stehen auf Eskalation!

Der May-Widersacher und Vorsitzende der britischen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, will am Donnerstag gar selbst nach Brüssel reisen, um mit den EU-Staats- und Regierungschefs über einen „alternativen“ Brexit-Plan zu beraten. Ein offener Affront gegen May!

Am Mittwoch war es genau 1000 Tage her, dass es den großen Brexit-Knall gab. Am 23. Juni 2016 stimmten in einem Referendum 51,9 Prozent der Wähler FÜR und 48, 1 Prozent GEGEN den Austritt aus der Europäischen Union.

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Worum es beim EU-Gipfel EIGENTLICH gehen sollte

Eigentlich wollten sich die EU-Staats- und Regierungschefs mit anderen Themen befassen.

Merkel wird gegen 14.30 Uhr beim Europäischen Rat in Brüssel erwartet. Der Zeitplan sieht vor, dass das Thema Brexit von 15.30 bis 19 Uhr behandelt wird und beim Abendessen die künftigen Beziehungen zu China ausgelotet werden.

Aber es gibt jetzt schon Wetten, dass das Thema Brexit bis in die späte Nacht das bestimmende bleibt. Als eine Option gilt ein weiteres Papier, das Mays Ausgangsposition für die für nächste Woche geplante dritte Abstimmung im Unterhaus durch zusätzliche Garantien oder Vereinbarungen zum „Backstop“ stärkt.

Entgegen der Erwartungen wird die Zustimmung der EU zur Verschiebung des Austrittsdatums kein Selbstläufer. Die Bundesregierung teilt die Bedenken der EU-Kommission, was Mays Wunschtermin (30. Juni) anbelangt. Und selbst eine Verschiebung auf den 22. Mai verknüpfte Ratspräsident Donald Tusk mit der Bedingung, dass die britische Premierministerin im dritten Anlauf die Zustimmung des Parlaments für das Abkommen erreicht.

Bedeutet: Das Konfliktpotential in Sachen Brexit war noch nie größer als bei diesem Gipfel, ebenso die Nervosität wegen des nahenden Austrittsdatums (29.3.). Gelingt bis dahin kein Durchbruch in welcher Form auch immer, scheidet Großbritannien ungeordnet aus der EU aus („Chaos-Brexit“).

Wichtig aus Merkels Sicht dürften aber auch die Gespräche am Freitag Vormittag werden. Unter dem harmlos klingenden Punkt „Stärkung der wirtschaftlichen Basis der EU“ verbirgt sich nicht weniger als die Zukunfts-Agenda für die nächsten Jahre – im Hinblick auf die künftige Entwicklung des Binnenmarktes, der Kapitalmarktunion und der Digital-, Industrie- und Handelspolitik. Beschlüsse dazu soll es aber frühestens im Sommer geben.

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