Politik

Diese Uefa braucht kein Mensch

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Es sollte ein Glanzpunkt in Henrikh Mkhitaryans außergewöhnlicher Karriere sein. Stattdessen ist er Kronzeuge der größten Bankrotterklärung, die der europäische Fußball seit Langem gesehen hat.

Mkhitaryan ist Kapitän und Rekordtorschütze seiner Nationalmannschaft, er ist unumstrittener Stammspieler beim FC Arsenal und den deutschen Fans als introvertierter BVB-Zauberfuß in bester Erinnerung.

Aber wenn am Mittwochabend in Baku die Flutlichter angehen und sein Team um den Europa-League-Titel kämpft, wird Mkhitaryan fehlen. Nicht weil er verletzt ist. Oder gesperrt. Sondern weil er Armenier ist – und er in Aserbaidschan um sein Leben fürchten muss.

Armenien und Aserbaidschan streiten sich seit Jahren um das Grenzgebiet Bergkarabach. Der vereinbarte Waffenstillstand beider Ländern hält, eine Einreise für Mkhitaryan wäre möglich, aber nicht unproblematisch. Arsenal habe alle Möglichkeiten geprüft, dem Spieler die Reise zu ermöglichen, schließlich haben sich die Beteiligten wegen des politischen Konflikts dagegenentschieden. Der Entschluss ist durchaus politisch zu verstehen.

Dass die Uefa es schafft, ein Finale in ein Land zu legen, in das nicht alle Bürger seiner Mitgliedsländer ohne Probleme reisen können, ist auf zwei Ebenen ein Skandal: persönlich und sportpolitisch.

Aserbaidschan wird von einem Despoten regiert, der mit internationalen Top-Events wie der Formel 1 glänzen will. Menschenrechte werden am Kaspischen Meer mit Füßen getreten, das Land liegt in der Rangliste der Pressefreiheit noch hinter Somalia auf Platz 166 von 180.

Und dort, an einem Ort ziviler Finsternis, feiert die Uefa sich selbst, überreicht die zweitwichtigste Vereinstrophäe des Verbands. Es wird Konfetti für die Fans und Lachs für die Logen geben. Aber keinen Trost für Mkhitaryan.

Bei der EM 2020 finden drei Vorrundenspiele und ein Viertelfinale in Baku statt. Was macht die Uefa eigentlich, sollte Armenien sich qualifizieren? Wird dann der Spielplan so gestaltet, dass das Land in keinem Fall im Laufe des Turniers nach Baku reisen muss? Das ist absurd.

Die persönliche Tragödie kann jeder nachvollziehen, der Kabinenschweiß kennt. Die wenigsten Fußballer schaffen es in den Profibereich. Und die Zahl derer, die ein europäisches Endspiel erreichen, dürfte im Promill-Bereich liegen.

Einem Fußballer aus politischen Gründen die Chance zu nehmen, ein Finale zu spielen, grenzt an Wahnsinn. Sollte Arsenal gewinnen, fehlt Mkhitaryan beim Jubel. Sollte Arsenal verlieren, wird gefragt werden, ob er das hätte verhindern können. Nicht Micki sollte unsichtbar auf der heimischen Couch schmoren, sondern die Uefa-Bosse.

Fußball hat immer den Anspruch gehabt, über Grenzen hinweg die Menschen zu verbinden. Die Uefa hat das Gegenteil geschafft. Sie hat einen ausgegrenzt, der eigentlich in Mittelkreis stehen sollte. Diese Uefa braucht kein Mensch.

Die aktuelle Berichterstattung zum Thema finden Sie hier.

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