Politik

Topmodel stellt Sexualmoral auf den Kopf

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Sie ist DIE Reizfigur der polnischen nationalkonservativen Regierung, rechter Gruppen und der katholischen Kirche: Anja Rubik (35, polnisches Topmodel) möchte einfach nur, dass Sexualkunde-Unterricht in den Schulen des Landes obligatorisch und nicht von Religion und Politik bestimmt wird.

Im erzkatholischen Polen kommt das einem Sakrileg gleich, weshalb die blonde, gertenschlanke Schönheit mit den markanten Gesichtszügen seit Wochen inmitten eines immer aggressiver geführten „Kulturkampfes“ („Welt“) steht.

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Weil sie offen über Sex redet, bricht Anja Rubik in Polen gleich mehrere Tabus. Einige Beispiele:

► „Wir glauben, dass wir uns mit Sex auskennen, weil wir Sex haben. Aber das ist Unsinn.“
► Über Verhütung: „Eine Frau sollte ein Kondom dabeihaben und sich dabei nicht auf den Mann verlassen.“
► Über Homosexualität: „Etwas Natürliches.“

Weil sie dazu seit Herbst ein sehr erfolgreiches Lehrbuch (fünf Euro) für Jugendliche zur Sexualaufklärung herausgibt (www.sexed.pl), sehen Konservative wie Kirche gleichermaßen Sodom und Gomorrha aufziehen.

Schlecht für beide: Anja Rubik war eines der Lieblingsmodels von Karl Lagerfeld († 85) und Markengesicht von Chanel. Ihre Reichweite ist beträchtlich: eine Million Follower bei Instagram, bei Polens Jugend zudem bekannt und bewundert als Gast-Jurorin von „Polens Next Topmodel“.

Die Regierungspartei und ihre Anhänger empören sich vor allem über eine „Sexualisierung polnischer Kinder“, die jedoch in Sachen Aufklärung meist auf sich gestellt sind: Polnische Eltern, sagt Rubik, seien „nicht bereit“, über Sexualerziehung zu sprechen – weshalb laut staatlichen Studien 30 Prozent der Schüler ihr „Sexualwissen“ aus Pornos haben.

Aufklärung tabu

Aufklärung ist in Polen verpönt. In einem Land mit mehr als 90 Prozent Katholiken ist der Sexualkundeunterricht von den erzkonservativen Ansichten der Kirche geprägt.

„Ich war entsetzt“, kommentierte Rubik entsprechende „Inhalte“ polnischer Lehrbücher. „Die meisten Teenager bekommen in den Schulen nur falsche Infos zu hören.“

In einem langen Interview mit der Medien-Plattform „Kultura Liberalna“ gibt das Model der Kirche Nachhilfe: „Soweit ich weiß, leben wir – theoretisch – nicht in einem religiösen Staat. Die Schule sollte kein Ort sein, an dem religiöse Informationen aufgezwungen werden.“ Dort sollten „rein pragmatische und wissenschaftliche Informationen vermittelt werden. Die Wissenschaft bestätigt, dass unterschiedliche sexuelle Orientierungen natürlich sind“, meint Rubik.

Derweil ist in polnischen Schulen Sexualkundeunterricht freiwillig – er trägt den vielsagenden Titel „Erziehung zum Familienleben“.

Sex? Das auch. Aber Wahlen!

Bis aufs Blut reizt die Erzkonservativen Polens zudem, dass Warschaus neuer liberal-konservativer Bürgermeister Rafał Trzaskowski (47) gerade eine Rechte-Erklärung für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender (LGBT) unterzeichnet hat – als Zeichen gegen die Diskriminierung sexueller Minderheiten.

PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski sieht das als Affront: Er warnte vor einer „großen Gefahr“ und einem „Angriff auf Kinder“. Seine Partei werde „das Recht polnischer Eltern verteidigen, ihre Kinder zu erziehen“, donnerte Polens heimlicher Herrscher.

Dabei dürfte der PiS ein Kulturkampf gar nicht so ungelegen kommen: Im Mai stehen Europa-, im Herbst Parlamentswahlen an. Dabei könnte die Partei polarisieren, um Stimmen einzufangen. Da Flüchtlingsthemen aktuell nicht ziehen, komme Kaczynski die „LGBT-Karte“ gerade recht, meinen polnische Medien.

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