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Was die einsame May jetzt noch im Schilde führt

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Vierter Anlauf für ihren Deal – oder kommt am Ende doch die Zollunion?

Der Countdown zum Brexit läuft unerbittlich: Noch neun Tage bis zum Ende des EU-Ultimatums, ohne dass ein Ausweg aus dem heillosen Parlaments- und Regierungschaos gefunden wäre. Dafür werden die Warnungen vor einem Horror-Brexit ohne Abkommen immer schriller.

Am Montagabend scheiterten vier Alternativ-Vorschläge für einen weicheren EU-Austritt. Allerdings: Die von der Labour-Opposition ins Spiel gebrachte Variante, dass Großbritannien nach dem Brexit dauerhaft in der Zollunion bleibt, scheiterte nur deshalb mit drei fehlenden Stimmen, weil einige Pro-Europäer auf eine noch EU-freundlichere Lösung (wie Komplett-Verbleib in der EU oder in Binnenmarkt UND Zollunion) hoffen, sich deshalb enthielten.

Heißt: Gibt es am Mittwoch eine neue Probe-Abstimmung, könnte es erstmals eine Mehrheit für eine softe Brexit-Lösung geben – ohne dass die Brexit Hardliner sie sabotieren könnten. Diese hatten am Montagabend einfach mal wieder Nein zu allem gesagt – symbolisch für die beispiellose Parlamentsblockade von London.

Oder fruchtet der Vorstoß vom Dienstagabend? May hat Oppositionschef Jeremy Corbyn die Hand gereicht und will mit ihm gemeinsam nach Vorschlägen für das Parlament suchen. Corbyn legt sogleich seine Wünsche für die geplanten Verhandlungen mit Premierministerin May auf den Tisch. Labour wolle eine Zollunion mit der EU, einen Zugang zu den Märkten und Schutz für Angestellte sicherstellen, sagt er. Er erkenne an, dass sich May mit ihrer Erklärung nun bewegt habe. Allerdings habe sie bislang keine große Bereitschaft zu Kompromissen erkennen lassen.

Das neue Szenario: Showdown am Donnerstag

Gibt es tatsächlich eine (nicht bindende) Mehrheit für den Verbleib in der Zollunion? Dann könnte der neue Plan B schon am Donnerstag in eine (bindende) Kampfabstimmung mit Mays altem Deal münden – was ein Präzedenzfall in der britischen Demokratie wäre.

Unklar bleibt, ob Parlamentspräsident und „Speaker“ John Bercow diese Hopp-oder-Top-Abstimmung zulassen wird.

So absurd die Vorstellung eines vierten Votums über Mays Abkommen mit Brüssel auch klingt: Die Chancen der Premierministerin, die Brexit-Hardliner auf ihre Seite zu ziehen, steigen wegen der ungeliebten Zollunion-Alternative. Denn: die würde den Briten die Chance auf eigene Handelsabkommen nehmen.

Bereits in der dritten Abstimmung war May (nach 230 im ersten Anlauf und 149 im zweiten) „nur“ noch um 58 Stimmen unterlegen. Selbst der notorische Besserwisser Boris Johnson hatte zuletzt das Lager gewechselt.

Parteirebellen wollen May erneut nach Brüssel schicken

Der Druck auf Premierministerin Theresa May wächst dennoch, weil eine überparteiliche Gruppe von Angeordneten um Yvette Cooper einen neuen Querschuss plant: Ein EU-Austritt ohne Abkommen soll per Gesetz verboten werden. May wäre dadurch wohl gezwungen, bei der EU, die für 10. April einen Sondergipfel einberufen hat, erneut um mehr Zeit zu betteln.

Am Dienstag rief May ihr zerstrittenes Kabinett zu einer mehrstündigen Krisensitzung zusammen, bei der alle Optionen auf den Tisch kommen sollten. Details wurden zunächst nicht bekannt.

May steht mit ihrer Kompromisslinie im doppelten Kreuzfeuer: No-Deal-Befürworter und Pro-Europäer drohen in diesem unendlichen Polit-Drama abwechselnd mit Rücktritten. Beobachter sehen die Tories kurz vor der Spaltung. Nur noch der Wille zum Machterhalt hält sie zusammen: Nach Mays Rückzugsankündigung bringen sich bereits mögliche Nachfolger in Stellung.

Unwahrscheinlich, aber immer noch möglich, ist auch eine zweite Volksabstimmung über den Brexit. Ausgeschlossen sind nach derzeitigem Stand nur vorzeitige Neuwahlen, sagte ein Regierungssprecher. „Die Regierung geht weiterhin davon aus, dass ein vertraglich geregelter Brexit die beste Lösung für das Land ist.“

Weitgehend ignoriert werden damit die 6 Millionen Briten, die in einer Petition gefordert hatten, das per EuGH-Urteil verbriefte Brexit-Rücktrittsrecht zu nutzen, den EU-Austritt also in letzter Sekunde abzublasen.

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