Politik

Habeck gegen Lindner! Zoff um Sanktionen für Drückeberger

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Für die einen ist Arbeitslosengeld eine Nothilfe für Pechvögel, für andere ein Freifahrtschein für Faulpelze. Sandra Maischberger fragt: „Hartz IV vor Gericht: Wie hart darf der Sozialstaat sein?

Die Gäste

 Robert Habeck (49, Grüne). Der Oberboss der Ökos hält den deutschen Talkshow-Rekord: 13 Auftritte in 2018. Jetzt startet er schon wieder durch.

• Christian Lindner (40, FDP). Der Chefliberale war im Vorjahr mit elf Einladungen zweitmeister Gast in den Fernsehrederunden. Gibt‘s wieder ein Kopf-an—Kopf-Rennen?

• Martina Leisten (40). Die Sozialwirtin und Gastronomin ging mit einem Startup Pleite.

• Kevin Falke (23). Der Hartz-IV-Empfänger, mehrfach entlassen und sanktioniert, sagt: „Wenn Arbeit keinen Spaß macht, hat das für mich keinen Sinn!”

• Elisabeth Niejahr (53). Die Journalistin („Wirtschaftswoche“) macht klar: „Es gibt kein Recht auf dauerhafte Sozialleistungen ohne eigene Anstrengungen!“

Politik, Presse, Praxis, alles dabei. Auch genug Power fürs Zoff-o-Meter? Die eingeplante Arbeitsvermittlerin Bettina Becker aus Gelsenkirchen, seit 40 Jahren im Thema, bekam von ihrem Dienstherrn jedenfalls Sprechverbot.

Zum Start ein Duett

Habeck (offenes Hemd) und Lindner (Rollkragen) sitzen wie auf dem Verlobungssofa und herzen einander erst mal mit allerlei Höflichkeiten: „Ganz meine Meinung! Ganz richtig! Sehe ich genauso!“

Unterschied: Habeck will Drückeberger lieber motivieren als bestrafen und soziologisiert gern: „Wir haben heute eine andere politische Fragestellung! Das Aufstiegsversprechen der Republik ist porös geworden!“

Lindner will Leistung belohnen, warnt vor Schwarzarbeitern mit Hartz-IV und schmettert gern Schlagworte raus: „Solidarität ist keine Einbahnstraße!“

Dann geht das Zoff-o-Meter los

Zwang oder Anreiz, das ist hier die Frage. Habeck setzt auf Ironie: „Vielleicht ist es so, dass Menschen gar nicht faul sind!“

Lindner wundert sich, dass die Grünen bei Hartz-IV-Tricksern so milde seien, während sie bei Steuerbetrügern oder Sündern aus der Industrie immer gleich die volle Härte des Gesetzes fordern.

Beklopptestes Beispiel

„Handelsblatt“-Niejahr prangert das „absurde System“ an, z.B. bekämen Hartz-IV-Kinder über 12 Jahren beim Duschen mehr Stromkosten erstattet als Kinder unter 6 Jahren. „Wir haben ein total überbürokratisiertes System, wo wir verrückt geklagt wird“, stellt die Journalistin fest.

Schlimmste Fälle

• Martina Leisten ist nach Insolvenz mit Schufa jetzt Hartz-IV-Empfängerin. Das Jobcenter wollte sie in eine Drückerkolonne stecken: „Das habe ich nicht gemacht!“

• Kevin Falke ist seit vier Jahren Hartzer, hat eine Ausbildung zum Holzbearbeitungsmechaniker abgebrochen, wurde wegen Arbeitsverweigerung fristlos gekündigt und hat das alles „nicht wirklich verstanden“.

Standpauke des Abends

Habeck sieht in den Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger „extreme nichtintendierte Effekte“ und schwurbelt: „Wenn du arbeitslos wirst, wirst du würdelos!“

Leistungs-Lindner dagegen verpasst dem jungen Mann mit der schwarzen Baseballkappe gleich mal einen Einlauf: „Sie können nicht von der Gesellschaft erwarten, dass Sie einen Job kriegen, der Ihnen Spaß macht! Sie müssen sich selber mal reinhängen!

Lautester Alarmruf

„Wir werden einen dramatischen Wandel auf dem Arbeitsmarkt erleben“, sagt Habeck voraus. „Die Leute sollen mit dem Arbeitsplatz nicht auch noch die Selbstachtung verlieren. Sonst verlieren wir den demokratischen Konsens!“

Seine düstere Prognose: „Es steht in Frage, ob das Aufstiegsversprechen in der Digitalisierung noch zu halten ist.“

Bissigster Spruch

Dann will Habeck mit einer Binse punkten: „Leistungen können gekürzt werden“, gibt er zu, „aber wir lassen niemanden verhungern.“

„Das ist vernünftig“, freut sich die Talkmasterin.

Lindner reagiert darauf mit Spott: „Vielen Dank für Ihre Unabhängigkeit als Moderatorin bei diesem Urteil!“ patzt er Mischberger an.

Finale mit Gretchenfrage

Zum Schluss will die Talkmasterin noch was ganz anderes wissen: „Herr Habeck, Sie haben sich ja von den sozialen Netzwerken verabschiedet, vor einer Woche. Kein Facebook, kein Twitter – haben Sie schon Entzugserscheinungen?“

„Überhaupt nicht! Es geht mir blendend!“ behauptet der Grüne-Chef. Die Talkmasterin peilt den FDP-Chef an: „Ist das nicht ein Vorbild, Herr Lindner?“

  • Habeck begründet Twitter-aUS

    „Ich beiß mir in den Ar***!“

    Grünen-Chef Habeck (49) hat angekündigt, sein Twitter-Profil zu löschen! Damit reagiert auf die heftige Kritik an seinem letzten Post.

Lindner hat die passende Antwort voll drauf: „Wir beklagen ganz oft die Filterblasen und die Bubbles“, erwidert er, „und man sagt dann, die AfD bedient die ganzen soziale Medien. Ich möchte die nicht unter sich lassen!“

Dialog des Abends

Lindner macht bei der Gelegenheit auch noch staatsmännisch einen Punkt: „Ich betrachte es als Politiker als Teil meiner demokratischen Aufgabe, da hinzugehen, auch wenn es manchmal weh tut!“ erklärt er feierlich.

Habeck sieht nicht glücklich aus, deshalb bohrt Maischberger noch mal nach: „Kommen Sie wieder?“

„Hierher?“ fragt der Grüne.

„Nein, zu Twitter!“

Doch danach sieht es erstmal nicht aus. „Man muss zur Kenntnis nehmen, wie da diskutiert wird, und wie jede Talkshow, jedes Medium den politischen Diskurs verändert“, erklärt Habeck.

Schlauestes Statement

„Ich habe für mich entschieden, dass mich diese nervöse Kurzatmigkeit – dass das nicht das ist, woran ich politisch gemessen werden möchte“, fügt Habeck listig hinzu. „Ich setze darauf, dass ich halt ausgeruhter zu Sendungen wie der Ihren komme…“

„Also Comeback ausgeschlossen?“ fragt Maischberger. „Ausgeschlossen ist in dieser Welt nichts“, gibt Habeck zu, „aber die Brücke ist erst mal gesprengt, und ich glaube, alle würden sich totlachen, wenn ich sage, das war mal ein Versuch, und nach einer Woche komme ich wieder angelatscht.“

Zitat des Abends

Das Ziel des Sozialstaats ist, die Menschen wieder in die Eigenverantwortung zurückzuführen

(FDP-Chef Christian Lindner)

Fazit

Konfektionierter Konsens mit einem Schuss Volkspädagogik, viel risikoarmer Vollkaskosprech, aber für eine Live-Sendung bis nach Mitternacht trotzdem noch ganz schön Leben in der Bude.

Das war ein Talk der Kategorie: „Das fängt ja gut an“.

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