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Nur die schlimmstenDespoten ausgeladen

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EU-Chef Juncker verteidigt Treffen: „Wenn ich nur mit lupenreinen Demokraten reden würde, wäre ich am Dienstag schon mit meiner Woche fertig“

Schöne Bilder, aber viele böse Buben bei einem ungewöhnlichen Gipfel: Rund 50 Könige, Präsidenten, Emire und andere Regierungsvertreter treffen sich zum Gipfel zwischen EU und Arabischer Liga im ägyptischen Badeort am Roten Meer Scharm el-Scheich.

Die Themen: Krisen und Kämpfe wie im Jemen, Syrien und Libyen. Außerdem soll auf Wunsch zahlreicher arabischer Vertreter auch über den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern gesprochen werden.

Als Kanzlerin Angela Merkel (64, CDU) am Sonntag ankam, war es über den Palmen und Sandstrände am Roten Meer bereits dunkel geworden. Direkt vom Flieger ging es für Merkel zum Gruppenfoto.

Danach begrüßte die Kanzlerin unter anderem Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi als Gastgeber des Gipfels und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Die Eröffnung des Gipfels hatte sie verpasst, sie landete erst gegen 18.45 Uhr (MEZ).

Die Gesten beim obligatorischen Händeschütteln waren freundlich. Doch beim ersten gemeinsamen Gipfel der Europäischen Union mit der Arabischen Liga geht es um Machtpolitik pur.

Brexit-Beratungen am Rande des Böse-Buben-Gipfels

Am Montagmorgen traf Kanzlerin Merkel am Rande des Gipfels die britische Premierministerin Theresa May zum Frühstück. Beide Politikerinnen wollten über den Stand der verfahrenen Diskussion zu den Modalitäten des Ausstiegs Großbritanniens aus der EU beraten. Details wurden zunächst nicht bekannt. Es war allerdings nicht erwartet worden, dass Merkel May neue Vorschläge zur Lösung der Lage machen würde.

Gipfel in Ägypten

Brexit ist überall

Quelle: Reuters
1:29 Min.

Darum geht’s den Europäern

Vor allem wollen die Europäer ein Signal an die USA, Russland und China senden, dass sie die südöstliche Nachbarschaft nicht einfach den wirtschaftlichen und politischen Interessen der Großmächte überlassen. Der Gipfel als solcher sei schon eine Botschaft an den Rest der Welt, sagte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker am Sonntag vor Beginn des Treffens.

Dafür setzen sich die anreisenden EU-Regierungschefs auch mit Königen, Emiren und Präsidenten an einen Tisch, deren Ruf alles andere als sauber ist. Juncker bejahte, er habe Bauchgrummeln angesichts der Menschenrechtslage in vielen arabischen Ländern. Aber: „Wenn ich nur mit lupenreinen Demokraten reden würde, wäre ich am Dienstag schon mit meiner Woche ans Ende gekommen.“

Europa müsse mit allen reden, erklärte der EU-Kommissionschef. „Aber man muss offen reden, ohne dass man das Thema Menschenrechte jetzt überhöht, aber man darf es auch nicht untergewichten.“

  • Einmischung in innere Politik

    Saudis beschweren sich über Kritik vom US-Senat

    Die Saudis sind über die Kritik vom US-Senat an ihrer Operation in Jemen und dem Mordfall des Journalisten Jamal Khashoggi stinksauer.

  • Katar will aus der opec raus

    Kalter Krieg der Öl-Scheichs

    Der Streit zwischen Saudi-Arabien und Katar eskaliert! Katar wird zu Jahresbeginn 2019 aus dem Ölkartell Opec austreten.

Nur die schlimmsten Schlächter wurden ausgeladen

★ Wie heikel dieses Treffen ist, zeigt der Fall Saudi-Arabien. Weil die Europäer nach dem Mord an dem Journalisten Jamal Kashoggi nicht mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman gesehen werden wollten, reiste nun sein altersschwacher Vater König Salman zum Gipfel nach Scharm el-Scheich.

★ Auch der Präsident des Sudans, Omar al-Baschir, war nicht erwünscht: Gegen ihn liegt ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag vor.

Syriens Machthaber Baschar al-Assad wird ebenfalls nicht dabei sein, weil die Mitgliedschaft seines Landes in der Liga wegen des Krieges gegen die eigene Bevölkerung derzeit ausgesetzt ist. Das könnte sich allerdings bald wieder ändern: Etliche Mitglieder befürworten die Rückkehr Assads in die Reihen des Bundes.

Gemeinsam repräsentieren EU und Arabische Liga rund zwölf Prozent der Weltbevölkerung und ein ganzes Bündel an Problemen.

Im Jemen führt Saudi-Arabien einen blutigen Krieg gegen Huthi-Rebellen, die vom Iran unterstützt werden.

Deutschland hat deswegen und wegen des Mordfalls Kashoggi einen Exportstopp für Rüstungsgüter gegen Saudi-Arabien verhängt, was Frankreich und Großbritannien scharf kritisieren, weil auch Europa kein Interesse daran haben könne, dass sich der terrorunterstützende Iran an der Südspitze der Arabischen Halbinsel dauerhaft festsetze.

Darum geht’s in Scharm el-Scheich

Zum Auftakt des zweitägigen Treffens rief EU-Ratspräsident Donald Tusk die Teilnehmer auf, die Probleme gemeinsam anzugehen. „Wir müssen das zusammen machen und dürfen das nicht den weit entfernten Weltmächten überlassen.“ Zugleich mahnte Tusk zu mehr Offenheit und Toleranz in den islamisch geprägten und überwiegend autoritär regierten arabischen Staaten. Lebendige Zivilgesellschaften und interkultureller Dialog seien weniger anfällig für die Botschaften des gewalttätigen Extremismus, sagte er.

Gastgeber al-Sisi ging darauf nicht ein, forderte die EU dagegen auf, gemeinsam den Kampf gegen den Terror zu verschärfen. Der Terror habe sich wie eine schädliche Plage verbreitet. Beide Seiten müssten dringend Seite an Seite stehen, um dieser zu begegnen.

Am Montag nehmen sich die 50 Regierungsvertreter die Tagesordnung vor:

Beim Kampf gegen den islamistischen Terror verlangen die Europäer mehr Einsatz der arabischen Länder, wollen aber verhindern, dass unter diesem Stichwort mit Härte und Unterdrückung gegen die jeweilige Opposition vorgegangen wird, wie etwa in Ägypten.

Dessen Präsident Abdel Fattah al-Sisi will sich als Gastgeber zugleich als eine Art Führungsfigur der Arabischen Liga in Szene setzen.

► Migration wird ebenfalls ein Thema beim Gipfel im Taucher-Paradies Scharm el-Scheich sein.

Die größten Fluchtrouten führen durch die nordafrikanischen Mitgliedsländer der Liga. Während diese die von Europa gewünschten Auffangzentren für Migranten auf ihren Territorien nach wie vor strikt ablehnen, fordern sie mehr finanzielle Unterstützung von der EU etwa für die Sicherung von Grenzen. Ägyptens Präsident al-Sisi etwa verwies ausdrücklich auf die Milliarden-Zahlungen an die Türkei. Ein Wink mit dem Zaunpfahl.

Im Nahost-Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern wird mit Spannung ein neuer Friedensplan erwartet, den der Schwiegersohn von US-Präsident Trump, Jared Kushner, nach den Wahlen in Israel (9. April) vorlegen will.

Details sind noch nicht bekannt. Diplomaten gehen aber davon aus, dass Trump viele bisher getroffene Übereinkünfte wie etwa die Zweistaaten-Lösung als langfristiges Ziel aufkündigen und die jetzige Lage mit Jerusalem als Hauptstadt Israels festschreiben könnte. Was das für den Nahen Osten bedeuten würde, ist ebenfalls Thema auf dem Gipfel.

Ob die eigenen, inneren Probleme der EU vor der sonnigen Kulisse des Kongresszentrums von Scharm el-Scheich auch in einem milderen Licht erscheinen, können die anreisenden Regierungschefs außerdem testen.

Nach bisherigen Planungen will auch Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán ans Rote Meer reisen. In bilateralen Gesprächen wollen nach BILD-Informationen gleich mehrere EU-Kollegen dem Ungarn wegen seiner Anti-EU-Kampagne ins Gewissen reden.

Nicht in unserem Namen!

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